"Venezianische Verwicklungen" ist das erste Hörbuch der Venedig Krimi-Reihe um den deutsch-italienischen Kommissar Luca Brassoni. Gelesen wird es von Erich Wittenberg, der dem Plot eine gute Stimme gibt. Die erfolgsversprechende Mischung aus Lokalkolorit, in diesem Fall dem der wunderbaren Stadt Venedig und einem Mordfall, dazu stets der Bezug zu Deutschland, hat auch Autorin Daniela Gesing beherzigt. Dass sie die Stadt gut kennt bzw. recherchiert hat und hier auch ein wenig Italienweh aufkommt, ist ihr gelungen, so zum Beispiel mit dem Abstecher auf die Geisterinsel Poveglia.
Inmitten der Gallerie dell'Accademia am Südufer des Canal Grande wird Brassoni bei diesem Fall zur Leiche des deutsches Kunstexperten Konstantin Becker gerufen. Der Professor reiste in Begleitung seiner jungen Mitarbeiterin und mit einem lukrativen Auftrag in die Lagunenstadt. Er sollte die Echtheit eines Picassos klären, der in der Sammlung Guggenheim aufgetaucht ist. Ein Gemälde, das viele Begehrlichkeiten weckt. Luca Brassoni lässt sich von der eleganten Kunstwelt nicht blenden, dazu kennt er die Menschen, vor allem seine Venezianer, viel zu gut.
Brassoni mag eine Figur sein, mit der sich wahrscheinlich vor allem Männer identifizieren, so wirkt es auch ein wenig, als schreibe Gesing vor allem für dieses Publikum - den männlichen Krimileser Ü40. Das mag vor allem deshalb so erscheinen, weil er zwischen zwei Liebschaften tingelt, aber als Mann (auch nicht ganz fair und ehrlich mit diesen umgeht) die Zügel in der Hand behält. Außerdem fällt bei der Beschreibung der Frauen in dieser Geschichte auf, dass die Frauen häufig das Attribut "hübsch" bekommen und danach gewertet werden. Und war der "Carabinieri", auf den der Kommissar in seinen Ermittlungen trifft, nun eigentlich auch so ein "hübscher"?, fragt man sich da als LeserIN mit einem Schmunzeln.
Überhaupt werden in diesem Krimi viele Klischees bedient, so ist der Carabinieri Pentola " quasi nur ein Streifenpolizist " natürlich nicht der smarteste (er heißt deshalb auch übersetzt "Topf") und der herzlose Bauleiter bezeichnet die illegal im Palazzo lebenden direkt als "Abschaum", den man rausschmeißen muss. Natürlich kann man mit diesen Klischees arbeiten, gerade beim Unterhaltungsgenre, zu dem auch der Krimi gehört. Auffällig ist bei Gesings Schreibstil zudem, dass sie vor allem im Beschreibenden (das zum Teil auch sehr gründlich) bleibt und weniger im Erzählenden. Einen lyrischen Krimi wie bei einem Jan Costin Wagner sollte man hier nicht erwarten.
Wer ein bisschen Kunst- und Venedigluft schnuppern möchte, gern Krimis mag und auch klassische Figuren wie Donna Leon, der könnte an diesem Hörbuch Freude finden. Meine Empfehlung insbesondere an männliche Krimileser Ü40!