Mit dem Wirtschaftswachstum war über lange Zeit ein Heilsversprechen auf bessere Zukunft verbunden, das sich großenteils auch bewahrheitet hat. Doch aus diesem Heilsversprechen wird in neuester Zeit zunehmend eine Zwangshandlung. Für eine steigende Zahl von Menschen in reichen Ländern ist mehr materieller Wohlstand kein glaubhaftes Versprechen mehr auf ein noch besseres zukünftiges Leben. Deshalb wird Wachstum heute kaum noch mit diesem Argument begründet. Stattdessen hören wir, dass ein Land wie Deutschland bei geringem oder ausbleibendem Wachstum gegenüber anderen Ländern zurückbleibt, als Wirtschaftsstandort unattraktiv wird, an Innovationskraft einbüßt oder Arbeitsplätze verliert. Wir müssen wachsen, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, auch wenn wir gar nicht noch mehr materiellen Wohlstand wollen!
Das Buch von Mathias Binswanger zeigt auf, woher dieser Wachstumszwang genau kommt. Begründet ist er letztlich in der Tatsache, dass Unternehmen insgesamt über längere Zeit nur Gewinne machen können, wenn auch ein Wachstum des BIP stattfindet. Und Gewinne sind wiederum notwendig, damit Unternehmen längerfristig überleben. In neuester Zeit ist daraus zunehmend eine Zwangshandlung geworden: Wir müssen wachsen, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, auch wenn wir gar nicht noch mehr materiellen Wohlstand wollen! Genau das ist der Wachstumszwang!
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 11
Teil I: Der Wachstumszwang
1. Zweihundert Jahre Wirtschaftswachstum: Vom Heilsversprechen zur Zwangshandlung Der Beginn des Wirtschaftswachstums und seine Voraussetzungen 23
Vom Heilsversprechen zur Zwangshandlung 28
2. Der ö konomische Hintergrund des Wachstumszwangs 37
Warum die Standardö konomie den Wachstumszwang nicht sieht 37
Die Unmö glichkeit eines stationä ren Zustandes in einer Geldwirtschaft 40
Die Notwendigkeit der Geldschö pfung fü r das Wirtschaftswachstum in real existierenden Wirtschaften 44
Wachstum als Voraussetzung fü r Gewinne 50
Wichtige Merkmale einer kapitalistischen Wirtschaft, die zum Wachstumszwang fü hren 53
Bö se Kapitalisten oder geniale Unternehmer? 59
3. Der Zusammenhang zwischen Wachstum und Gewinnen in einer einfachen Modellwirtschaft 67
Beschreibung der einfachen Modellwirtschaft 67
Stationä re Wirtschaft ohne Geldschö pfung und ohne Gewinne 69
Stationä re Wirtschaft ohne Geldschö pfung mit Gewinn, der vollstä ndig an die Haushalte ausbezahlt wird 72
Unmö glichkeit einer stationä ren Wirtschaft ohne Geldschö pfung, wenn Gewinne zurü ckbehalten werden 74
Unmö glichkeit einer stationä ren Wirtschaft ohne Geldschö pfung mit Wettbewerb und technischem Fortschritt 78
Wachsende Wirtschaft mit Geldschö pfung 81
Erweiterungen des einfachen Modells und die Konsequenzen fü r den Wachstumszwang 90
4. Ein fiktives Beispiel: Wie eine Insel mit traditioneller Fischereiwirtschaft in den Wachstumszwang gerä t 101
Traditionelle Fischerei ohne Wachstum in der vorkapitalistischen Phase 101
Ü bergang zur kapitalistischen Wirtschaft funktioniert nicht ohne Wachstum und Geldschö pfung 102
Kapitalistische Wirtschaft mit Geldschö pfung ermö glicht Wachstum und schafft gleichzeitig einen Wachstumszwang 105
Fazit 112
5. Ein Beispiel aus der realen Welt: Degrowth in Griechenland nach 2008 113
6. Aber es geht doch ohne Wachstum! Argumente gegen den Wachstumszwang 119
Erstes Argument: Es gibt keinen Wachstumszwang, sondern nur einzelne Wachstumstreiber 119
Zweites Argument: Es gibt Modelle von Wirtschaften, in denen kein Wachstumszwang herrscht 128
Drittes Argument: Es gibt Unternehmen, die nicht auf Wachstum setzen und trotzdem erfolgreich sind 132
Teil II: Die Zukunft des Wachstums
7. Vollbeschä ftigung trotz arbeitssparendem technischem Fortschritt: Bü rokratie als Rettung 143
Widersprü che im Wachstumsprozess 143
Vier industrielle Revolutionen und der Anreiz zu arbeitssparendem technischem Fortschritt 145
Die Entwicklungen in Deutschland und der Schweiz seit den 1990er Jahren 153
Die Rolle der Bü rokratie als Arbeitsplatzbeschaffer 158
New Public Management als Initialzü ndung fü r eine neue Bü rokratie und die Schaffung von Bullshit-Jobs 165
Das Gesundheitswesen als Anschauungsbeispiel fü r die neue Bü rokratie 171
8. Stetiges Wachstum des Konsums trotz Sä ttigung: Bedü rfnisweckung und Zwangskonsum 181
Bedü rfnisweckung als Teil des ö konomischen Prozesses in kapitalistischen Wirtschaften 182
Fö rderung relativer Bedü rfnisse mit Hilfe von Statusgü tern 186
Verkü rzung der Produktlebenszyklen durch Fö rderung der psychologischen Schrottreife 192
Kü nstliche Erhö hung der Vielfalt von Produkten 196
Individualisierung von Werbung, Produkten und Preisen 199
Von der Konsumentensouverä nitä t zur Algorithmenabhä ngigkeit: Die Verselbststä ndigung des Konsums 203
Auch der Staat hilft mit: staatlich verordneter Zwangskonsum 207
9. Falsche Prophezeiungen ü ber das Ende des Wachstums gestern und heute 215
Malthus und das Problem des Bevö lkerungswachstums 215
Marx und die Ausbeutung der Arbeiter 217
Schumpeter und der an seinem Erfolg zerbrechende Kapitalismus 220
Der Club-of-Rome-Bericht und die natü rlichen Grenzen des Wachstums 222
Kommt jetzt doch das Ende des Wachstums? Die These der sä kularen Stagnation 225
Fazit: Ein Ende des Wachstums ist (noch) nicht absehbar 229
10. Kö nnen wir das Wachstum immer besser machen? 233
Das Wachstum muss weitergehen 233
Kann Wachstum immer umweltfreundlicher werden? 238
Ermö glicht Wachstum Wohlstand fü r alle? 244
Kö nnen Roboter Menschen ü ber ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren? 250
Moderates Wachstum statt maximales Wachstum? 257
Mö gliche Reformen der Aktiengesellschaft 261
Alternativen zur Aktiengesellschaft: Genossenschaften und Stiftungen 263
Anhang: Wachstumszwang im Modell einer einfachen Kreislaufwirtschaft 267
Ü bersicht ü ber das Modell 267
Annahmen des Modells 268
Gewinne und Wachstum im Wachstumsgleichgewicht 273
Anmerkungen 279
Literatur 287
Stichwortverzeichnis 307