Schuldig ist in den Augen der Macht, wer Widerstand leistet, wer auch nur zu widersprechen wagt, ja schon, wer sich nicht unauffällig und stromlinienförmig genug bewegt. Denn der Macht kommt es auf die Durchsetzung ihrer selbst, auf die Exekution von Abhängigkeiten an. Nur das scheint ihr innerer Zweck zu sein.--
Sie sucht sich dann das Passende unter den formellen Regeln und Gesetzen heraus, um es für ihre Zwecke schonungslos einzusetzen. Möglichst Vieles hält sie verdeckt und im Dunkeln: so zum Beispiel die Ursache und den Auslöser des Gerichtsprozesses; das die Macht Störende vielleicht gar nicht Justiziable- nicht benennend; keinerlei Anklagepunkte gegenüber dem Angeklagten offenlegend und nichts über das weitere Verfahren verlauten lassend.--
Der Drahtzieher des unsäglichen Vorgehens -und womöglich Richter in einer Person- bleibt dem Angeklagten unbekannt. Jedes offene Visier wird vermieden, während ausschließlich aus dem Hinterhalt operiert wird. So lässt sich ein Angeklagter doch zweifellos am Leichtesten in einer umfassenden Hilflosigkeit halten. So scheint er der Willkür am Optimalsten ausgeliefert.--
Und was bedeutet schon Rechtssicherheit und was beinhaltet sie überhaupt? Was heißt schon Moral?
Auch darauf gibt es eine einfache Antwort: Ein einheitliches Recht oder eine einheitliche Moral, auf die sich der Angeklagte stützen und berufen könnte, existieren einfach nicht.--
Macht und Freiheit stehen einander unversöhnlich gegenüber. Der höhere Wert, so Kafka, kommt aber unzweifelhaft der Freiheit zu.--
Wie im richtigen Leben eben Kafka beschreibt die Zustände und die Menschen wohl so, wie sie eben sind.--
Werden da etwa Erinnerungen an Spitzelwesen und Korruption in bekannten, großen Organisationen wach, an das Meucheln von Missliebigen, die unter banalsten, ja lächerlichsten Vorwänden entfernt, ausgestoßen, exekutiert werden, an gedungene, graue Handlanger, die sich bedenkenlos in den Dienst ihrer Brötchengeber stellen?--
Nur die Spitzen der Eisgebirge scheinen zur öffentlichen Besichtigung freigelegt.