Viel ist über die versteckten Ängste bei Franz Kafka geschrieben worden. Über Szenarien der Hoffnungslosigkeit. Über Unschuld angesichts einer überwältigenden Macht, die einem den Zutritt verwehrt. Das Schloss erscheint auf den ersten Blick freundlich mit demjenigen umzugehen, der sich Zugang erhofft. Es ist nur eine Frage der Zeit. Es ist nicht das apokalyptische Bild, das dem Leser aus anderen Geschichten Kafkas entgegenscheint. Geschieht so was nicht immer wieder? Man erhält einen Auftrag, ist nicht imstande, ihn auszuführen. Und die Schuld liegt nicht bei einem selbst. Oder? Ist nicht die Fremdenfeindlichkeit an allem schuld? Ist K. nicht das naive Opfer? Irgendwo zwischen den Zeilen setzen sich die Zweifel bei K. fest. Und dieser schleichende, kaum wahrnehmbare Verlust ist das Herzstück dieses Romans. Wann endet die Hoffnung? Ist man schuldig, obwohl man gar nicht weiß, wann man sich schuldig gemacht haben könnte? Wer richtet über einen? Kafka hat es mit seinem Werk geschafft, die immer wieder auftauchenden Fragen der Menschheit, die sie mit Religion, mit Philiospie, mit Nihilismus zu begegnen sucht, ein alltägliches Gesicht zu verleihen. Das ist faszinierend zu lesen. Zumal Kafka trotz aller Lähmung, die K. befällt, den Leser solange festhält, bis er zusammen mit der Geschichte strandet. Kafka zu lesen, bedeutet, sich selbst zu begegnen. Der Roman wirft Fragen auf, denen man sich nicht entziehen kann. Deswegen wird er immer wieder gelesen. In jeder Generation.