Auch mit PROXIMA hat es der Autor geschafft, meine grauen Zellen mal wieder zu intensiver Arbeit aufzufordern. Das betrifft die wissenschaftlichen Hintergründe ebenso wie die ethischen Ansprüche an die Raumfahrt. Hier hat er wieder die Grenzen des vielleicht Machbaren ausgelotet. Auf die Idee, ein Raumschiff und seine Besatzung während des Fluges wachsen zu lassen, muss man erst einmal kommen. Dann zeigt er mit einem Menschenpaar, das sich auf dieser Reise befindet, eine Zerreißprobe ethischer Verantwortung auf, und um dem noch sozusagen die Krone aufzusetzen, erinnert er noch zwischen den Zeilen an die religiösen Fragen eines Schöpfertums und man erfährt dann noch fast nebenbei, dass dieser Schöpfer nicht nur dieses Menschenpaar auf den Weg zu fernen Welten geschickt hat, sondern unzählige, und das, wo nicht einmal klar ist, ob man auf diesen Welten überleben kann. Ohne Chance auf Wiederkehr. Auch das ein Extrem an Verantwortungslosigkeit und Menschenverachtung.
Mehr an geistigen Anregungen kann man, schon bereits in den ersten Seiten eines Buches, eigentlich gar nicht unterbringen. Alle Achtung!
Die ganze Geschichte hat mich deswegen auf eine besondere Art berührt. Was Adam und Eva und den vielen anderen, die noch unterwegs zu anderen Sternen sind, angetan wird, ist von Anfang bis Ende extrem befremdend und auf eine besondere Art skrupellos. Menschen sind soziale Wesen und nichts, womit man auf die im Buch geschilderte Weise experimentieren sollte. Die Einsamkeit ist auch durch einen Roboter, dessen KI-Software einmal ein Mensch war, nicht abzumildern und eine Quälerei ohne Ende, denn Adam und Eva können nicht auf die gleiche Weise zur Erde zurück, auf die sie gekommen sind. Aber nicht genug damit. Der Autor hat auch das noch einmal zugespitzt, indem er neben der KI Marchenko noch einen Doppelgänger mit entgegengesetztem Charakter ins Spiel gebracht. Ich war beim Lesen dabei, um Adam und Eva zu bangen und gespannt darauf zu warten, welcher der beiden Marchenkos nun den Sieg erringt. Der später aufgetauchte wurde mir allmählich doch noch unsympathisch, denn sein Wesen hatte sich völlig von seinem Ursprung entfernt.
Wenn das eine Mahnung ist, dann ist das bestens gelungen.
Etwas irritiert hat mich anfangs der Szenenwechsel zu den Aliens. Ich war mir nicht ganz sicher, ob das noch Hard Sciencefiction ist, doch bei genauerem Hinsehen ist es das doch, denn es ist nach allem, was uns die Naturwissenschaften lehren, geradezu abwegig, anzunehmen, wir wären die einzige, zur Technologie fähige Spezies im Universum. Hier lässt der Autor eine Fantasie spielen, die alles andere als Mainstream-verdächtig ist, weil auch hier alles glaubwürdig und logisch daherkommt. Ebenso wie die Technologie der Aliens. Einen solchen Spagat muss man erst einmal bis zum Schluss durchhalten. Wohltuend ist dabei, dass das Ganze nicht in kosmischem Schlachtgetümmel endet und als Fazit für mich herauskam, dass jede Zivilisation den kosmischen Filter passieren muss, der all jene zurückhält und vernichtet, der seine Interessen mit Krieg durchsetzen will.
Und noch eine Warnung steckt in dem Buch: Was passiert, wenn man die Kontrolle über eine starke KI verliert?
Alles in allem halte ich die Proxima-Trilogie für eine Perle der Hard Science-Fiction, weil der Autor hier einen Großteil der Themen anspricht, die sich in diesem Genre auftun, und das in einer Komplexität und Vielfalt, man dort nicht immer findet. Hut ab!
Die Proxima-Trilogie von Brandon q. Morris erhält somit eine klare Leseempfehlung als sehr anspruchsvolle Lektüre.